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Showdown Together With Friends – Ein internationales Turnier auf deutschem Boden

Mehr als nur ein Turniername

geschrieben von Christian Siegemeyer

„Es ist nur ein Freundschaftsturnier.“ – dieser Satz war in Showdown Germany im Vorfeld häufiger zu hören, wenn davon die Rede war, dass endlich wieder ein internationales Turnier auf deutschem Boden stattfindet. Wer jetzt noch so redet, kann definitiv nicht dabei gewesen sein, als sich vom 24. bis 28. Juli 2024 aus den Ländern Deutschland, Finnland, Niederlande, Schweiz und Spanien 16 Spielerinnen und 20 Spieler in Marburg einfanden, um anlässlich des 10-jährigen Bestehens der TSG Marburg auf dem Turnier „Showdown Together With Friends“ ihre Kräfte zu messen. Das Wörtchen „nur“ ist hier nämlich fehl am Platz! Nach den sportlichen Aktivitäten klang jeder Abend nicht etwa mit dem Abendessen im Multi Kulti nahe des Hotels Marburger Hof aus, welches die Anwesenden des Turniers beherbergte, sondern in der Hotellobby und der gegenüberliegenden Bar Barrio Santo, was die bestehenden sowie neuen Kontakte vertiefte.

Alle anwesenden Personen des Turniers "Showdown Together With Friends"

Ging es mittwochabends nach der Anreise beim ersten gemeinsamen Abendessen noch gesellig zu, begann der Donnerstagmorgen festlich. Im Rahmen der Eröffnungszeremonie mit Musik wurden Begrüßungsansprachen von den beiden Hauptorganisatoren Andrea Rippich und Antonio Michienzi von der TSG Marburg, der Ersten Vorsitzenden Renata Kohn des SVD, dem Ersten Kreisbeigeordneten Marian Zachow des Landkreises Marburg-Biedenkopf, dem Vorstandsvorsitzenden Patrick Temmesfeld der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista), dem Austragungsort dieses Turniers, sowie dem Oberbürgermeister der Stadt Marburg Dr. Thomas Spies gehalten.

v.l.n.r: Marian Zachow (Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Marburg-Biedenkopf), Dr. Thomas Spies (Oberbürgermeister der Stadt Marburg), Patrick Temmesfeld (Vorstandsvorsitzender der blista)

Die feierliche Stimmung ging dann nahtlos über in Wettkampfstimmung mit dem Beginn der Spiele. Die Sportlerinnen und Sportler waren in zwei Achter- bzw. zwei Zehnergruppen eingeteilt. Für die vier Höchstplatzierten sollte es dann in die Viertelfinals gehen und für alle anderen in ihr jeweiliges Platzierungsspiel.

Dieses Freundschaftsturnier stand ganz im Zeichen der Inklusion. So spielten neben den sehenden Showdownern Nicole Kampa und Jonas Riester (beide auch als Schiedsrichter bekannt) mit Andrea Rippich, Horst Griffaton und Jeroen Tulp auch drei Athleten mit zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigungen mit, ebenso wie der Marburger Ewald Hüngsberg, der bekannt ist als Ansprechpartner für Menschen mit Hörsehbehinderung. Ewald ist nur fähig, sehend Showdown zu spielen. Um ihm die Teilnahme an diesem Turnier zu ermöglichen, wurde Ewald dies gestattet, in der offiziellen Wertung aber seine Spiele mit 11:0, 11:0 für den Gegner gewertet, um der sportlichen Fairness gerecht zu werden. Sehr schön zu erleben war, dass alle Gegner von Ewald die Matches gegen ihn ernsthaft bestritten, sich aber jeder für den anderen mit gefreut hat, wenn dieser ein schönes Tor geschossen hat. Dies war charakteristisch für den gesamten Wettkampf. Es wurde mit Ehrgeiz um den Sieg gerungen, aber ohne Verbissenheit und mit viel Spaß an unserem schönen Sport. Die freundschaftliche Atmosphäre war auch daran zu erkennen, dass sich in den Spielen auch Personen gecoacht haben, die sich erst seit diesem Turnier kennen. So hat zum Beispiel Nicole Kampa (Erlensee) die Marburger Spielerin Katrin Schwemann in einem Spiel gecoacht.

In Gruppe A der Damen marschierte die erst 19-jährige Hamburgerin Bianca Schmidt (in der vergangenen Einzelliga-Saison aufgestiegen in Division A) ohne Satzverlust durch und ließ dabei auch die Deutsche Meisterin 2017 Birgit Riester (Kassel) hinter sich. Diese dominierte die restliche Gruppe, gefolgt von der Frankfurterin Bianka Scharpenberg. Spannend wurde der Kampf um den Viertelfinaleinzug für die Gruppenvierte. Diesen erreichte die Spanierin Sheila Fernandez Rodrigo, die sich knapp gegen Riikka Kanisto (Finnland) durchsetzte (12:8 im dritten Satz), was vor allem auch deshalb einen großen Erfolg für sie darstellt, weil in Spanien erst seit drei Jahren Showdown gespielt wird.

Die Gruppe B gewann Nicole Kampa ohne Satzverlust, gefolgt von der Marburgerin Annika Hein, die außer gegen Kampa immer siegreich geblieben ist. Mit jeweils vier Siegen zogen Anja Cirar (Nürnberg) und Renata Kohn (Marburg) ins Viertelfinale ein, dominierten aber die Schweizerin Antonella Zanatta (Gruppenfünfte) jeweils deutlich.

Bei den Herren in Gruppe A ergab sich zwischen den oberen und den unteren fünf Spielern ein großer Abstand an Siegpunkten. Murat Altunok (Paderborn) setzte sich in dieser Gruppe durch, verlor hierbei nur gegen den Frankfurter Martin Osewald. Den zweiten Platz in der Gruppe sicherte sich der Niederländer Stefan Heuker, der sich lediglich gegen Altunok geschlagen geben musste. Hervorzuheben in dieser Gruppe ist der Kasseler Neuspieler Jonas Riester, der seinem Vereinskameraden Deniz Kürtoglu (Gruppendritter) zwei enge Sätze lieferte, den erfahrenen Spieler Osewald aber in zwei Sätzen bezwang. Da Riester und Osewald beide sechs Zähler in der Tabelle hatten, sicherte dieser Sieg Riester durch den direkten Vergleich den vierten Platz in der Gruppe und damit den Einzug ins Viertelfinale. Ab dem Gruppenplatz Sechs kam zwar keiner der Sportler über drei Siege hinaus, sie ließen aber allesamt ihre Kontrahenten hart für den Tabellenpunkt arbeiten.

In Gruppe B sicherte sich Christoph Niehaus (Marburg) die Gruppenspitze, wobei er einen Tabellenpunkt an den Niederländer Jeroen Tulp abgeben musste. Auf dem zweiten Platz der Gruppe landete der Hamburger Dominik Zilian (aktuell Rang 5 in Deutschland), der bereits vor dem Turnier als einer der Titelfavoriten galt. Das Viertelfinalquartett aus Gruppe B komplettierten Tulp und Maurizio de Paola (Frankfurt). Hervorzuheben ist die Leistung des frischgebackenen B-Divisionsspielers Bernd Dorer (Nürnberg), der in seiner Begegnung gegen Tulp über sich hinausgewachsen ist, so dass er diesem das Match in drei Sätzen abnahm.

Auch ein Freundschaftsturnier hat eine heiße Phase! Die Viertelfinals der Damen lieferten deutliche Ergebnisse. So setzten sich Schmidt gegen Kohn, Hein gegen Scharpenberg und Kampa gegen Fernandez Rodrigo ohne Satzverlust durch. Birgit Riester setzte sich gegen Cirar ebenfalls klar durch, musste aber an ihre Kontrahentin einen Satz abgeben. Bei den Herren verliefen die Viertelfinals ebenfalls eindeutig. Altunok zwang de Paola in drei Sätzen in die Knie, während Zilian an Kürtoglu, Niehaus an Jonas Riester und Tulp an Heuker beim Einzug ins Halbfinale jeweils einen Satz abgaben. Ähnlich souverän verliefen die Halbfinals auf Seiten der Herren (Zilian und Tulp gewannen gegen Altunok bzw. Niehaus in vier Durchgängen) sowie bei den Damen das Duell Riester gegen Kampa, in welchem Riester nichts anbrennen ließ (Sieg in drei Sätzen). Das Halbfinalspiel zwischen Hein und Schmidt hingegen entwickelte sich zu einem echten Krimi! Konnte sich Hein den ersten Satz noch knapp mit 12:10 sichern, geriet sie in den folgenden beiden Durchgängen mit 4:12 und 7:11 ins Hintertreffen. Mit einem engen 11:8 sicherte sich Hein dann wieder den Ausgleich. Aber auch im Entscheidungssatz blieb es bis zum Schluss spannend, als schließlich Hein mit 12:9 den Finaleinzug errang.

Die Bronzepokale sicherten sich Nicole Kampa in vier und Christoph Niehaus in drei Sätzen. Obwohl die bisherigen Ergebnisse der Finalrunde wenig Spannung suggerierten, waren die Spiele sehr wohl spannend mitzuverfolgen (und steigerten den Kaffeebedarf der Unparteiischen). Wer aber nach einem weiteren richtig engen Match gierte, kam im Finale der Damen voll auf seine Kosten. Es ist keine Übertreibung, von einer epischen Schlacht zwischen Annika Hein und Birgit Riester zu sprechen, denn diese Partie ging in fünf Sätze über 90 Minuten, bis sich Hein schließlich mit 10:12, 11:5, 12:7, 10:12 und 11:4 den Turniersieg erkämpfte und mit Riester nassgeschwitzt zum Abkühlen ins Freie schwamm. Im Finale der Herren überließ Dominik Zilian seinem Kontrahenten Jeroen Tulp (dessen Leistung besonders beeindruckend ist!) den ersten Satz mit einem knappen 10:12 und erzielte danach den Ausgleich mit einem ebenso knappen 11:9. Die darauffolgende Satzführung ging zwar an Zilian, allerdings wieder sehr eng mit 12:10, was noch einen harten Kampf erwarten ließ. Im vierten Durchgang jedoch trumpfte der Hansestädter haushoch auf und verdiente sich den Goldpokal mit 11:1.

Die beiden Siegertreppchen; v.l.n.r.: Jeroen Tulp, Dominik Zilian, Christoph Niehaus, Nicole Kampa, Annika Hein, Birgit Riester

Das Turnier endete in derselben feierlichen Weise wie es begonnen hat. So wurde die Abschlusszeremonie wieder mit festlicher Musik untermalt, was hervorragend zu der bombastischen Stimmung aller Personen passte. So legte beispielsweise Sheila Fernando Rodriguez auf dem Weg zum Erhalt der Medaille für ihrem achten Platz einen sehr sympathischen Freudentanz hin.

Alle Anwesenden fanden dieselben Worte, um die Organisation des Turniers zu beschreiben: Vom Anfang bis zum Ende mit viel Liebe zum Detail! Von allen wurde der Wunsch geäußert, dass dieses Turnier ein regelmäßiges Event wird. Die professionelle Seite des Turniers wurde noch verstärkt von den YouTube-Live-Streams zweier Tische, die der finnische Spieler Konsta Kuorikoski bereitgestellt hat. Für das leibliche Wohl und allgemeine Unterstützung sorgte ein Team helfender Hände, die guten Seelen dieser Veranstaltung. Hierüber freuten sich nicht nur die Spielenden und deren Begleitpersonen, sondern auch das international besetzte Schiedsrichter-Team. Dieses bestand aus der Italienerin Francesca Colucci, die als Headreferee fungierte, den Schweizern Konrad Schlatter und Simon Schneider, den Niederländern Gideon Engberts und Rick Oerlemans sowie den Deutschen Florian Grosch, Valeria Rapp, Christian Siegemeyer und Lennart Vulprecht. Alle Anwesenden dankten herzlich den helfenden Händen und dem Schiedsrichter-Team.

Das Schiedsrichter-Team bei der Siegerehrung

Ein Turnier dieser Größenordnung ist allerdings ohne Sponsoren nicht denkbar. Unser aller Dank geht somit an die Sponsoren dieses großartigen Events: Aktion Mensch, Paul und Charlotte Kniese-Stiftung, Kriegsblindenstiftung Berlin-Brandenburg, Funke-Stiftung, Stadt Marburg, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Bezirksgruppe Marburg des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen, Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen sowie die Sparkasse Marburg-Biedenkopf und die Firma Gaudio-Braille Marburg. Hervorzuheben ist an dieser Stelle aber neben der Sachspende des Kaufhauses Ahrens auch das Hotel Marburger Hof und seine stets hilfsbereiten Mitarbeitenden, welches mit einem Sonderangebot für die Zimmerpreise dieses Turnier ebenso mit ermöglicht hat wie die blista, die nicht nur ihre hervorragend geeigneten Räume kostenfrei zur Verfügung gestellt hat, sondern diese von ihren Mitarbeitenden für das Turnier vorbereitet wurden. Ihnen allen verdanken wir eine grandiose Veranstaltung ganz im Zeichen der Inklusion, welches allen Anwesenden in wunderschöner, lebendiger Erinnerung bleiben wird!

Die Ergebnisse und Platzierungen können auf der Turnierseite https://showdown-turnier.de/?TN=107&ad=results nachgelesen werden.

Das Siegertreppchen der Damen:
1. Annika Hein (Marburg)
2. Birgit Riester (Kassel)
3. Nicole Kampa (Erlensee)

Das Siegertreppchen der Herren:
1. Dominik Zilian (Hamburg)
2. Jeroen Tulp (Niederlande)
3. Christoph Niehaus (Marburg)